Portraitfotografie unter DSGVO 2020

Gastbeitrag von André Stämmler

In knapp 3 Monaten feiert die DSGVO ihren dritten Geburtstag. Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Verordnung sind noch immer nicht alle Fragen geklärt. Insbesondere der Umgang mit Portraitfotos oder überhaupt Fotos, auf denen Personen zu erkennen sind, ist umstritten. Bis zum Inkrafttreten der DSGVO war in erster Linie das Recht am eigenen Bild einschlägig. Das war im Kunsturhebergesetz (KUG) geregelt. Ob das KUG und die Regeln zum Recht am eigenen Bild auch heute noch anwendbar sind oder die DSGVO Vorrang genießt, ist umstritten. Aber eins nach dem anderen.

Was regelt die DSGVO?

Die DSGVO regelt den Umgang mit personenbezogenen Daten, wenn diese automatisiert verarbeitet werden, sowie die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.

Personenbezogene Daten sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen. Kurz: Wenn ich eine Person identifizieren kann, handelt es sich um personenbezogene Daten. Das trifft bei Fotos zu, auf denen die Person zu erkennen ist. Dabei muss die Person nicht immer mit dem Gesicht zu sehen sein. Auffällige Kleidung oder bestimmte körperliche Merkmale wie Tätowierungen können ausreichen, um eine Person identifizierbar zu machen.

Digitale Fotografien fallen ohne weiteres in den Anwendungsbereich der DSGVO. Analoge Fotografie scheidet in der Regel aus, es sei denn, die Fotos sollen in ein Dateisystem überführt werden.

Keine Anwendung findet die DSGVO außerdem, wenn die Fotos von natürlichen Personen zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten angefertigt werden. Diskussionen über Schulfeiern, auf denen Eltern ihre Kinder nicht fotografieren dürfen, oder Klassenfahrten, auf denen Schüler selbst keine Fotos schießen dürfen, sind damit absolut überflüssig. Der persönliche oder familiäre Bereich wird aber verlassen, wenn ich die Fotos ins Internet stelle oder in sozialen Medien wie Instagram nutze. In diesem Fall muss ich mir wieder Gedanken über die DSGVO machen.

Eine weitere Ausnahme gilt für die Presse. Im Rahmen des sogenannten Medienprivilegs gelten weiterhin die Grundsätze des Rechts am eigenen Bild auf Basis der §§ 22,23 KUG.

Wann ist eine Datenverarbeitung nach der DSGVO zulässig?

Im Datenschutz gilt der Grundsatz, dass zunächst einmal alles verboten ist, was nicht explizit erlaubt ist. Das heißt, damit ich Daten verarbeiten darf, benötige ich eine entsprechende Rechtsgrundlage. Dabei sieht die DSGVO eine ganze Reihe von Rechtsgrundlagen vor.

Die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a) DSGVO) ist aus Sicht des Datenschutzes die ideale Rechtsgrundlage. Die betroffene Person lässt die Datenverarbeitung freiwillig zu und damit ist alles gut. Damit eine wirksame Einwilligung vorliegt, müssen allerdings ein paar Voraussetzungen erfüllt werden.

Die Einwilligung muss informiert und freiwillig erfolgen. Informiert bedeutet, dass die betroffene Person, also die abgebildete Person, weiß, worauf sie sich einlässt. Hier sollte man auf Nummer sicher gehen und umfangreich aufklären. Plakative Formulierungen wie „Wir verwenden die Fotos für alle erdenklichen Situationen” reichen in der Regel nicht aus. Hier wird die betroffene Person realistisch keine Möglichkeit haben, alle denkbaren Einsatzmöglichkeiten abzuwägen. Man sollte sehr detailliert darstellen, für welche konkreten Zwecke die Einwilligung erteilt wird. Wenn die Fotos umfassend genutzt werden sollen, z.B. als Stockfotos, oder wenn man den genauen Einsatz noch nicht absehen kann, muss auch diese Information sehr umfassend sein. Eine unzureichende Formulierung führt dazu, dass die Einwilligung insgesamt nichtig ist. Hier sollte man also etwas großzügiger mit den Informationen sein. Als Faustregel kann hier das eigene Bauchgefühl helfen. Wenn ich schon selber eine Formulierung wähle, die mit Absicht etwas nebulös ist, habe ich im Zweifel ein Problem.

Freiwillig ist eine Einwilligung, wenn sie ohne Zwang erfolgt und die betroffene Person eine echte Wahl hat. Eine echte Wahl hat die betroffene Person, wenn Sie keine erheblichen Nachteile befürchten muss. Damit ist nicht gleich jeder Verlust eines Vorteils gemeint. Der Nachteil muss ein gewisses Maß an Erheblichkeit aufweisen. Der Verlust eines geringen Preisnachlasses dürfte in der Regel unschädlich sein. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses von der Einwilligung zur Veröffentlichung von Fotos auf der Webseite des Arbeitgebers abhängig zu machen, dürfte erheblich sein. Bei Veranstaltungen findet man oft Zusätze, dass mit der Teilnahme die Einwilligung zur Veröffentlichung von Fotos erteilt wird. Eine Einwilligung, die in diesem Zusammenhang erteilt wird, kann bei kostenlosen Veranstaltungen ggf. noch freiwillig sein, bei kostenpflichtigen Veranstaltungen nicht.

Die betroffene Person muss die Einwilligung jederzeit widerrufen können, ohne Wenn und Aber. Formulierungen wie „Die Einwilligung wird unwiderruflich erteilt” führen dazu, dass die Einwilligung von Anfang an unwirksam ist. Nach dem Widerruf der Einwilligung dürfen die Daten nicht mehr verarbeitet werden, wenn keine andere Rechtsgrundlage greift. Fotos dürfen dann zukünftig weder veröffentlicht noch gespeichert werden. Online veröffentlichte Fotos müssen gelöscht werden.

Der Verantwortliche muss beweisen können, dass eine Einwilligung vorliegt. Das kann man in der Regel nur, wenn eine schriftliche Einwilligung vorliegt.

In der Praxis sollte die Einwilligung nur mit Vorsicht als Rechtsgrundlage herhalten. Gleichwohl wird Sie in vielen Situationen die einzig mögliche Rechtsgrundlage sein.

Unabhängig von der Einwilligung ist eine Verarbeitung zulässig, wenn sie zur Durchführung eines Vertrages notwendig ist (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. a) DSGVO). Das ist klassischerweise bei der Auftragsfotografie der Fall. Wenn mein Auftraggeber Portraitfotos bei mir beauftragt, habe ich einen Vertrag. Um diesen durchzuführen, muss ich Fotos schießen und diese entsprechend verarbeiten. Die Grenze ist allerdings erreicht, wo die Verarbeitung für die Abwicklung des Auftrags nicht mehr notwendig ist. Die Veröffentlichung der Fotos als Referenz auf meiner Webseite ist davon z.B. nicht abgedeckt, wenn keine entsprechende Absprache besteht. Hier kann allerdings eine Einwilligung helfen, oder ich gewähre einen Rabatt für die Veröffentlichung und beziehe diese damit in den Vertrag ein.
Der Vertrag muss nicht unbedingt entgeltlich sein, so dass auch typische TFP-Shootings auf diese Rechtsgrundlage gestützt werden können. Die vertragliche Beziehung muss mit der abgebildeten Person bestehen. Wenn ich als Fotograf etwa eine Veranstaltung mit mehreren Teilnehmern fotografieren soll, habe ich zwar einen Vertrag mit dem Veranstalter aber nicht mit allen abgebildeten Personen. Hier kann ich mich also nicht auf diese Rechtsgrundlage stützen.

Ohne Einwilligung oder eine vertragliche Grundlage für die Verarbeitung kann die Verarbeitung trotzdem über das sogenannte berechtigte Interesse zulässig sein (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO), sofern keine höherwertigen Interessen der abgebildeten Person entgegenstehen. Damit ist immer eine Abwägung im Einzelfall zulässig. Im Rahmen dieser Interessenabwägung bietet es sich an, wieder auf die alten Regeln zum Recht am eigenen Bild zurückzugreifen. Auch dort musste eine Interessenabwägung durchgeführt werden. Insofern kann man auf die altbekannten und auch bewährten Regeln wenigstens indirekt zurückgreifen, auch wenn eine direkte Anwendung vielleicht nicht mehr möglich ist. Die Frage, ob die Regeln zum Recht am eigenen Bild Vorrang vor der DSGVO haben oder parallel dazu angewendet werden müssen oder gar nicht mehr greifen, ist bislang nicht abschließend geklärt. Jede Mutmaßung wäre hier ein Blick in die Glaskugel. Wir empfehlen daher, zunächst die Regeln der DSGVO zu berücksichtigen und ggf. im Rahmen der Interessenabwägung auf die altbekannten Regeln des Rechts am eigenen Bild zurückzugreifen.

Und das heißt jetzt in der Praxis?

Sobald ich eine Einwilligung habe oder eine vertragliche Basis (z.B. beim TFP oder Auftrag), ist die Sache in der Regel unproblematisch.

Schwieriger wird es, wenn keine Einwilligung vorliegt oder jedenfalls nicht „nachweisbar” eingeholt werden kann und auch kein Vertrag besteht. Das wird in der Regel bei Veranstaltungen der Fall sein oder auch im Bereich Street. Hier kann man oft keine Einwilligung einholen oder es wäre schlicht unpraktisch (etwa bei größeren Veranstaltungen). Hier empfehlen wir jedenfalls beim Fotografieren von einzelnen Personen, oder wenn diese herausgestellt sind, eher zurückhaltend zu sein. Wenn sich die Möglichkeit anbietet, schadet eine kurze Frage vorab sicher nicht. Das ist zwar nicht zu 100% sicher, weil ich diese „Einwilligung” kaum beweisen kann. Im Ergebnis kann ich aber so den Großteil der Probleme ausschalten. Wenn gar keine Einwilligung möglich ist, z.B. bei Streetfotografie, sollte ich wirklich sehr zurückhaltend sein.

Das Fotografieren größerer Gruppen dürfte in der Regel unproblematisch sein. Es gibt dabei übrigens keine Mindestanzahl von Personen, die auf den Fotos abgebildet sein müssen.

Im Ergebnis bringt die DSGVO ein paar Verschärfungen mit. Panik sollte man aber nicht bekommen. Mit ein bisschen gesundem Menschenverstand und der Beachtung von den vorgenannten Regeln ist es auch unter Geltung der DSGVO möglich, legal Fotos zu schießen und zu verarbeiten.

André Stämmler

Unser Gastautor ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und seit 2014 Datenschutzbeauftragter. Seine Beratungsschwerpunkte sind IT-Recht, Datenschutz, Urheberrecht und Medienrecht.

28.04.2020